Pflege bietet Spezialisierungsmöglichkeiten wie kaum ein zweiter Beruf

„Unglaublich vielfältig, interessant, spannend und tiefgreifend“

München – Wenn es um die Pflege geht, hat sich in den Köpfen
vieler Menschen ein starkes Negativbild verfestigt. Die
zahlreichen positiven Aspekte dieses außergewöhnlichen
Berufes finden in der medialen Berichterstattung leider kaum
Berücksichtigung. Der Verband der Privatkrankenanstalten in
Bayern e.V. (VPKA) möchte dem etwas entgegensetzen. Wir
haben eine Reihe gestartet, in der Pflegekräfte aus unseren
Mitgliedskliniken zu Wort kommen und uns ihre eigene
Einschätzung zu ihrem Beruf geben. Heute im Gespräch:
Juliana Zentellini, Pflegedienstleitung an der Schön Klinik
München Schwabing. Das Haus ist eine der führenden
zertifizierten Parkinson-Fachkliniken in Deutschland, unterhält
die größte neurologische Frührehabilitation in München und
verfügt überdies über eine Tagesklinik für Demenz, eine
Neurologische Tagesklinik sowie eine Parkinson-Ambulanz für
Patienten aller Kassen. Die Arbeit der hier beschäftigten
Pflegekräfte geht mit einem hohen Grad an Spezialisierung
einher.

Juliana Zentellini war im Lauf ihres Berufslebens unter anderem 15
Jahre lang als Krankenschwester auf der Neurologie tätig. Seit
zehn Jahren ist sie Pflegedienstleitung an der Schön Klinik
München Schwabing und in dieser Funktion für rund 225
Pflegekräfte zuständig, die sich um bis zu 181 Patientinnen und
Patienten kümmern. „Die Bandbreite, die sich Pflegekräften in der
Neurologie bietet, ist gigantisch. Das Fachgebiet ist enorm vielfältig,
interessant, spannend und tiefgreifend und bietet
Spezialisierungsmöglichkeiten, die weit über die alltägliche Pflege
hinausgehen“, sagt sie.

Interne Schulungen und arbeitgeberfinanzierte Fortbildungen
Examinierte Pflegefachkräfte werden an der Klinik intensiv intern
fortgebildet, um den unerlässlichen sicheren Umgang mit den
speziellen Symptomatiken bei Parkinson und anderen
neurologischen Erkrankungen und Schädigungen zu erlangen. „Alle
unsere Pflegekräfte absolvieren Lehrgänge zu Kinästhetik,
Lagerung in Neutralstellung und basaler Stimulation. Die
Mitarbeitenden auf unseren Frühreha-Stationen müssen sich mit
Trachialkanülenmanagement und Monitoring auskennen. Da einige
neurologische Patienten mit Verwirrtheitszuständen wie Delir,
Orientierungsstörungen, Demenz oder dem Sundowner Syndrom
zu kämpfen haben, wird das Pflegepersonal im Umgang mit diesen
Symptomen immer wieder geschult.“ Hervorzuheben sei, dass die
Fortbildungszeiten bei ihrem Arbeitgeber als Arbeitszeit gelten und
alle Fortbildungen zu 100 Prozent arbeitgeberfinanziert seien.


Von Parkinson Nurse bis Palliative Care
Julia Zentellini nennt einige Beispiele für die Möglichkeiten, die sich
den Mitarbeitenden eröffnen: „An unserer Klinik gibt es Weiterbildungen zur gerontopsychiatrischen Fachkraft oder, im Bereich
der Parkinson-Behandlung, zur Parkinson Nurse. Über eine Kooperation
mit unserer Schwesterklinik in Bad Aibling bilden wir Gesundheits- und
Kranken-/ Altenpflegerinnen und -pfleger in der neurologischneurochirurgischen
Frührehabilitation nach Richtlinien der DGNR aus.
Zudem geben unsere Sprach-, Schluck- und Atemtherapeuten interne
Fortbildungen, unter anderem zu verschiedenen Methoden der
Kommunikation.“ Solche zu kennen sei außerordentlich wichtig, denn eine
verbale Kommunikation mit den Patienten sei häufig aufgrund von deren
Beeinträchtigungen schwierig bis unmöglich. „Vieles findet visuell statt,
über Zeichen und Bilder oder mit einfachen Ja/Nein-Fragestellungen.“
Neben alldem stünden den Pflegefachkräften Fortbildungen zu
Wundmanagern, Wundexperten, Praxisanleitern oder
Hygienebeauftragten offen. Auch Palliative Care sei ein Thema. „Diese
Ausbildung bieten wir in Kooperation mit dem Christophorus Institut in
München an.“

Besonderheiten der Pflege in der Neurologie
Neben den fachlichen Fähigkeiten seien auch sehr viel Geduld und
Empathie wichtige Voraussetzungen, „denn die Patienten sind aufgrund
ihrer Erkrankungen in ihrem Verhalten und ihren Reaktionen sehr
wechselhaft - manchmal hochmotiviert, Stunden später zu Tode betrübt.
Dieses Wechselbad macht man als Pflegekraft zu einem gewissen Grad
mit.“
Zwar sei die Neurologie sowohl physisch als auch psychisch
herausfordernd für die Pflegekräfte, dennoch liebe sie ihren Beruf.
„Unsere Patienten sind in der Regel länger hier als in einem Akuthaus -
meist eine bis vier Wochen, je nach Zustand und Prognosen können es
aber auch bis zu 3 oder gar 6 Monate sein. Aufgrund dessen lernt man
die Menschen besser kennen, baut eine Beziehung zu ihnen auf und
erlebt ihren Prozess mit. Man sieht unmittelbar, dass man durch den
Einsatz seiner pflegerischen Fähigkeiten wirklich zu einer Besserung ihrer
Situation beitragen kann. Wenn wir zum Beispiel konsequent
kinästhetische Übungen machen, können manche Patienten das
Essensbesteck nach einiger Zeit wieder selbst halten, bei der
Körperpflege aktiv mitwirken oder sind auf andere Weise wieder zu mehr
Selbstwirksamkeit in der Lage. Das finde ich persönlich ganz wunderbar
mitanzusehen und die Patienten strahlen eine unglaubliche Dankbarkeit
aus, wenn sie merken, sie werden ernst genommen, gefördert und
motiviert. Das Gesamtpaket aus der sinnstiftenden Arbeit am Patienten,
den vollfinanzierten Fortbildungen und der Bezahlung nach Tarifvertrag
mit entsprechenden Zulagen hat mich in der Vergangenheit als
Krankenschwester immer zufrieden gestellt.“