München – „Die Bundespolitik verspricht dem Gesundheitssektor immer wieder Entbürokratisierungsmaßnahmen, doch in der Realität ist eher das Gegenteil der Fall“, kritisiert Michael Strobach, Geschäftsführer beim Verband der Privatkrankenanstalten in Bayern (VPKA). „Wir fühlen uns von der Politik nicht ernst genommen. Entgegen allen Beteuerungen werden ständig neue `Bürokratiemonster´ geschaffen, wie das KHVVG oder auch die Pflegepersonalbemessungsverordnung.“ Als weiteres, aktuelles Beispiel nennt er das Medizinforschungsgesetz. „Hier wird gerade versucht, durch die Hintertür fachfremde Regelungen einzuführen, die zu einem immensen Anstieg der ohnehin schon überbordenden Dokumentationspflichten führen würden und die noch dazu vollkommen überflüssig sind.“
In ihrem Änderungsantrag 1 vom 11.6.2024 zum Entwurf eines Medizinforschungsgesetzes forderten die Fraktionen der SPD, Bü90/Die Grünen und der FDP, die Krankenhäuser zu verpflichten, vierteljährlich eine detaillierte Aufschlüsselung darüber zu liefern, in welchen Leistungsgruppen die beschäftigten Ärztinnen und Ärzte tätig waren. „Dies würde bedeuten, dass jeder Facharzt seine Arbeit künftig täglich minutengenau dokumentieren müsste, damit diese einer Leistungsgruppe zugeordnet werden kann“, erläutert Michael Strobach. „Man muss sich den unglaublichen Aufwand, mit dem eine solche - in der Praxis oftmals schlichtweg unmögliche, völlig von der Klinikrealität entrückte und noch dazu sinnlose - Dokumentation verbunden wäre, einmal vorstellen! Ärzte sind schon jetzt gezwungen, gut ein Drittel ihrer Arbeitszeit nur mit Dokumentationspflichten zu verbringen, anstatt am Patienten. Das sorgt für große Unzufriedenheit und Frustration und ist einer der Hauptgründe für Berufsausstiege. Vor diesem Hintergrund ist diese Regelung maximal kontraproduktiv. So bekommen wir die dringend benötigten neuen Ärzte ganz sicher nicht ins System.“
Die Kritik von Michael Strobach geht noch weiter: „Bundesgesundheitsminister Lauterbach wollte diese Regelung schon im Krankenhaustransparenzgesetz einführen. Das scheiterte an der massiven Kritik vonseiten der Praktiker. Das jetzige Vorgehen, sie möglichst unbemerkt über ein fachfremdes Gesetz doch noch einzuführen, ist mehr als fragwürdig.“ Die Praxis, wesentliche, aber umstrittene Regelungen über sogenannte „Omnibusgesetze“ und eilige Änderungsanträge mit sehr kurzer Stellungnahmefrist nachträglich in Gesetzen zu verankern, sei jedoch häufiger zu beobachten. „Es gibt genügend Möglichkeiten, Dinge im Rahmen von Gesundheitsgesetzen zu regeln. Doch durch intransparentes Vorgehen versucht die Bundespolitik, unbequeme Diskussionen zu umgehen“, mutmaßt er. „Letztlich schürt man damit Unzufriedenheit und Misstrauen und schafft unpraktikable Gesetze, die die ohnehin schon schwierige Lage für die Akteure nur weiter verschlimmern.“